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Zeitlicher Ablauf der Geschehnisse der Volksabstimmung 1920

Zeitlicher Ablauf der Geschehnisse der Volksabstimmung 1920

Zeitlicher Ablauf der Geschehnisse der Volksabstimmung 1920

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Nordschleswig
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Die Darstellungen auf dieser Postkarte von 1919 vermischen zwei Ereignisse miteinander, tragen aber zu einem besseren Verständnis der Geschehnisse der Volksabstimmung von 1920 bei. Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Wann wurde die Bismarck-Statue vom Knivsberg abtransportiert?

Für einige ist der Rückblick auf ihre Schulzeit und den damaligen Geschichtsunterricht sicherlich mit vielen Daten und Zahlen verbunden. In gewissem Maße gibt dies auch Sinn, damit man Zusammenhänge und Abläufe versteht.
In der Vermischung von zwei dargestellten Ereignissen und dem zeitlichen Ablauf trägt die abgebildete Postkarte, nach einer tiefergehenden Beschäftigung, zu einem besseren Verständnis der Geschehnisse der Volksabstimmung 1920 bei.

Was wird gezeigt? Zum einen zeigt die Postkarte einen preußischen Grenzgendarm, der mit Hoheitsabzeichen wohl gerade von der alten Königsaugrenze abgezogen worden ist. Der Grenzgendarm trägt zur Verdeutlichung des Deutsch-Preußischen eine Pickelhaube und wirkt niedergeschlagen. Dies soll also einen Zeitpunkt festhalten, nachdem die Volksabstimmung in Nord- und Mittelschleswig 1920 durchgeführt worden war und Nordschleswig Teil von Dänemark wurde.

In der Momentaufnahme der Postkarte fährt der Karren mit dem Grenzgendarm gerade am Knivsberg vorbei. Auf dem Berg ist das Bismarck-Monument zu sehen. Auf dem Karren wird der Kopf der Bismarck-Statue transportiert, die ursprünglich in der Nische des Bismarck-Monuments gestanden hatte.

Aber sind beide Ereignisse zeitgleich geschehen? Die Verwaltungshoheit über die Abstimmungsgebiete ging im Januar 1920 an die Commission Internationale de Surveillance du Plébiscite Slesvig. Dänemark übernahm am 05. Mai 1920 die Verwaltung über Nordschleswig.
Und wann wurde die Bismarck-Statue vom Knivsberg abtransportiert? Dies geschah wenige Tage nachdem der Versailler Vertrag unterschrieben wurde und  festgestanden hatte, wie die Volksabstimmung in Nord- und Mittelschleswig durchgeführt werden sollte. Die Unterzeichnung des Vertrages fand am 28. Juni 1919 und der Abtransport am 4. Juli 1919 statt. Der Abtransport der Bismarck-Statue wurde also ungefähr sieben Monate vor der Durchführung der Volksabstimmung 1920 durchgeführt. Die Abstimmung in der 1. Zone fand am 10. Februar 1920 statt.

Der Zeichner der Postkarte, Johan Lyck aus Vester Sottrup/Wester-Satrup, hat das Jahr 1919 für die Erstellung der Karte angegeben. Es ist zu vermuten, dass zum Zeitpunkt der Erstellung der Postkarte die Bismarck-Statue schon abtransportiert war. Der Abzug der Grenzgendarmen und die Eingliederung Nordschleswigs in Dänemark nahm er vorweg.

Aber warum herrschte auf dänischer wie auf deutscher Seite so viele Monate vor der Abstimmung schon so eine große Sicherheit über das Ergebnis der Volksabstimmung? Warum brachte man die Bismarck-Statue schon in „Sicherheit“ und gab Postkarten mit dem bevorstehenden Ereignis heraus?

Dies lag zum einen an den Regeln der Volksabstimmung, die für die erste Abstimmungszone eine En-bloc-Abstimmung bestimmten. Dazu kamen die vorherigen Ergebnisse der Reichstagswahlen. An diesen konnte man ablesen, wie viele Stimmen deutsche und dänische Kandidaten in den beiden Abstimmungsgebieten bekommen hatten. Damit war eine Einschätzung über das Resultat der bevorstehenden Abstimmung möglich.
War auch das Resultat für Nordschleswig vorhersehbar, die Zukunft für die Bismarck-Statue war es nicht. Nach kurzer Lagerung in Apenrade wurde sie mit dem Zug nach Rendsburg gebracht. Vorher musste aber der Kopf abgetrennt werden, da die Statue sonst nicht in den Waggon gepasst hätte. In Rendsburg wurde sie auf dem Dachboden der dortigen Viehmarkthalle gelagert. In dieser brach zu Weihnachten 1919 ein Feuer aus. Dies überstand die Statue aber einigermaßen. Rechtlich wurde die Statue dem „Verein der Heimattreuen Nordschleswiger“ in Rendsburg überlassen. Diese überließ sie ihrem Dachverband, aber unter der Bedingung, dass sie auf dem Aschberg aufgestellt werden sollte. Darüber herrschte Uneinigkeit, und es wurde der Beschluss gefasst, sie auf dem Scheersberg in Angeln aufzustellen. Tatsächlich wurde sie 1928 auch auf den Berg gebracht. Der Flensburger Landrat und die Rendsburger Mitglieder des „Verein der heimattreuen Nordschleswiger“ widersprachen dieser Entscheidung. So wurde sie 1930 doch auf dem Aschberg aufgestellt. Dort steht sie bis zum heutigen Tage. 

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