100 JAHRE DEUTSCHE MINDERHEIT

Teil 9: Schulischer Neubeginn in Tondern

Teil 9: Schulischer Neubeginn in Tondern

Teil 9: Schulischer Neubeginn in Tondern

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Tondern/Tønder
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Richtfest der Ludwig-Andresen-Schule am 20. Mai 1953 Foto: Lokalhistorisk Arkiv for Gl. Tønder Kommune

Die Maurerkelle von der Grundsteinlegung der Ludwig-Andresen-Schule.

Am 26. Oktober 1946 berichtete „Der Nordschleswiger“ über die Eröffnung der deutschen Schule in Tondern. Im Bericht wurde festgehalten, dass am ersten Tag der Schule 53 Schüler zum Unterricht kamen. Als Lehrkräfte standen die Lehrerinnen Knüppel, Kardel und Christensen zur Verfügung. Im Bericht wurde auch über die Hoffnung gesprochen, dass die 53 Schüler nur der Anfang sein sollten. Diese Hoffnung sollte in Erfüllung gehen. Schon 1949 konnte die Schule 112 Schüler begrüßen. Wo aber sollten die vielen Schüler unterrichtet werden? Die Gebäude der öffentlichen kommunalen deutschen Abteilung standen nicht mehr zur Verfügung. Ein Teil der Schüler konnte im Turnerheim des Turnerbundes Tondern (Kongevej) unterkommen.

Weitere Möglichkeit

Eine weitere Möglichkeit ergab sich im Schützenhof, nicht zu verwechseln mit dem Gebäude des Schützencorps Tondern hinter der Schweizerhalle. Der Schützenhof befand sich an der Kreuzung Vestergade/Kongevej, neben der alten Post. Laut Meldung, im „Nordschleswiger“ vom 28.  November 1953 wurden auch Klassenzimmer in der Markthalle, nahe des heutigen Sport- und Freizeitzentrums in Tondern, eingerichtet. Die drei Standorte waren aber nur Übergangslösungen. Am 21. März 1953 konnte der Grundstein für einen Neubau an der Popsensstraße gelegt werden. Davon zeugt die Maurerkelle. In ihr eingraviert ist folgender Text: „Gebraucht bei der Grundsteinlegung der deutschen Privatschule in Tondern am 21. März 1953 durch den Bundestagsabgeordneten Dr. Edert.“  Dr. Eduard Edert war in den ersten Bundestag der Bundesrepublik Deutschland gewählt worden. Dies aus dem Wahlkreis Flensburg und als gemeinsamer Kandidat von CDU, FDP und der DP (Deutsche Partei).

Handwerkszeug mit Geschichte Foto: Karin Riggelsen

Die gemeinsame Unterstützung Ederts zeugte von dem nationalen Gegensatz, der in Schleswig-Holstein zu diesem Zeitpunkt wieder zwischen deutsch und dänisch herrschte. Die Unterstützung der drei Parteien für einen Kandidaten sollte verhindern, dass sich der Kandidat des SSW (Südschleswigscher Wählerverband) im Wahlkreis Flensburg durchsetzen konnte. Ein ähnliches Zeichen des Gegensatzes stellte auch der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landtages dar, die Sperrklausel für den Landtag auf 7,5 Prozent anzuheben und damit den SSW aus dem Landtag zu halten. 

Kein Unbekannter

Edert war aber auch schon vor der Grundsteinlegung in Nordschleswig kein Unbekannter. Nach dem Anschluss Nordschleswigs an Dänemark 1920 gab es verschiedene deutsche Vereinigungen und Einrichtungen, die das Deutschtum in Nordschleswig unterstützen wollten. Von staatlicher Seite wurde damit die „Deutsche Stiftung“ beauftragt. Diese war ursprünglich als Ostausschuss gegründet worden und hatte die Aufgabe, die Abtretung der deutschen Ostgebiete zu verhindern. Im November 1920 wurde der Ausschuss in Deutsche Stiftung umbenannt und sollte nun das Deutschtum  außerhalb und die deutschen Minderheiten in Europa unterstützen.  1924 wurde die „Nebenstelle Nord“  als Teil der Deutschen Stiftung eingerichtet. Leiter wurde Oberschulrat Eduard Edert, der als Mittelsmann unter anderem die deutschen Privatschulen in Nordschleswig unterstützen sollte. Offiziell war die Deutsche Stiftung ein privater eingetragener Verein unter parlamentarischer Kontrolle. In Wirklichkeit war es ein getarntes Regierungsorgan unter dem Auswärtigen Amt zur Finanzierung des Deutschtums im Ausland. Eduard Edert war nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nur als Bundestagsabgeordneter, sondern auch als Schriftsteller bekannt. Unter anderem verfasste er 1949  den Roman „Der Schuster von Tondern“ und stellte damit einen weiteren Bezug nach Nordschleswig her.  

Nach dem Richtfest im Mai konnte das neue Schulgebäude dann am 28. November 1953 offiziell eingeweiht werden. Dies mit Johannes Schmidt Wodder als Festredner. Bei der Einweihungsveranstaltung wurde auch der neue Name der Schule bekannt gegeben. Sie sollte von dem Tage an den Namen des Tonderaner Historikers Ludwig Andresen tragen. 

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