100 Jahre Deutsche Minderheit

Teil 22: Geschichte mit Kartenspiel vermittelt

Teil 22: Geschichte mit Kartenspiel vermittelt

Teil 22: Geschichte mit Kartenspiel vermittelt

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Tondern/Tønder
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Die Fragen des Quartetts waren wohl nicht in irgendeiner Form politisch motiviert. Dennoch wurden sie zur 750-Jahr-Feier der Stadt Tondern überarbeitet. Foto: Karin Riggelsen

Zum 700-jährigen Bestehen der Stadt 1943: Das Tondern-Quartett informierte unter anderem über Gebäude, Vereine und berühmte Persönlichkeiten.

1943 konnte die Stadt Tondern auf ihr 700-jähriges Bestehen zurückblicken. 1243 hatte man das lübische Stadtrecht erhalten und bezog sich nun auf dieses Datum. Und obwohl Dänemark besetzt und die Welt sich im Krieg befand, wurde das Jubiläum begangen. Dafür hatte die deutsche Minderheit eigens ein eigenes Programm auf die Beine gestellt. Der Hauptfestakt der Minderheit sollte am 5. August im Tonderaner Schützenhof stattfinden. Dieser ist später abgerissen worden und lag an der Ecke Kongevej/Vestergade. Die Festrede hielt  Prof. Dr. Scheel. Dieser war in Tondern geboren und wurde später zum Leiter des neu geschaffenen Lehrstuhls für Schleswig-Holsteinische Landesgeschichte der Christians Albrechts Universität zu Kiel. Später, in Zeiten des Nationalsozialismus, war er Rektor der Christan Albrechts Universität. 

Im Rahmen des Jubiläumsjahres 1943 wurden verschiedene Veranstaltungen angeboten. So u. a. eine Ausstellung im Museum, ein Deutsches Sportfest, ein Vortrag des Museumsdirektors des Flensburger Museumsbergs, Dr. Fritz Fulgsang, und ein Gastspiel der Niederdeutschen Bühne.   

Geschichte breiter vermitteln

Um die Geschichte der Stadt breiter zu vermitteln, sollte auch ein Kartenspiel erstellt werden. Mit der inhaltlichen Erarbeitung wurde Claus Eskildsen beauftragt. 1881 in Nordschleswig geboren, besuchte er anfangs das Lehrerseminar in Eckernförde. Nachdem er einige Jahre als Lehrer tätig war, so z. B. in Seth, führte ihn seine weitere Ausbildung nach Berlin. Ab 1909 lehrte er dann am Tonderaner Seminar, unterbrochen durch seine Teilnahme als Soldat am Ersten Weltkrieg. Obwohl er in Deutschland studierte und damit sicherlich der deutschen Sprache und Kultur nahestand, entschied er, sich nach der  Volksabstimmung 1920 der dänischen Seite anzuschließen. Als Verfasser nahm er dann aktiv am Konflikt zwischen der deutschen und dänischen Seite im Grenzland teil. Nichtsdestotrotz lag es nun an ihm, die Geschichte Tonderns in einem Quartett-Kartenspiel darzustellen.

Insgesamt bestand das Tondern-Quartett aus 15 Serien mit jeweils vier Karten (Quartett). Darunter waren Themen wie Einwohnerzahl, alte Gebäude, berühmte Tonderaner und alte Vereine. Wenn Bedenken wegen der nationalen Gesinnung Eskildsens gewesen sein sollten und vielleicht der Verdacht bestand, dass das Tondern-Quartett  politisch gefärbt wäre, so sind diese vollkommen unbegründet. Es scheint beinahe so, dass man bewusst alle konfliktbehafteten Themen ausgelassen hat. So wird u. a. die Frage nach der Einwohnerzahl Tonderns 1845, 1860, 1910 und 1940 gestellt, aber nicht nach deren Gesinnung bzw. Zugehörigkeit gefragt. 

Schwerpunkte

Ähnlich verhält es sich mit den Fragen nach berühmten Tonderanern. So lässt sich aus meiner Sicht, aus keiner der Fragen ableiten, dass diese in irgendeiner Form politisch motiviert wären. 

50 Jahre später, die Stadt Tondern konnte ihr 750-jähriges Bestehen feiern, wurde zu diesem Anlass dann eine überarbeitete Version des Tondern-Quartetts herausgegeben. Dabei wurden andere Schwerpunkte gesetzt und auch einige Themen der jüngeren Vergangenheit hinzugefügt.

Komplette Überarbeitung

Herausgenommen wurden die Serien Städtische Werke, Vier Eisenbahnen, Alte Vereine und Märkte. Hinzugefügt wurden die Serien Brorson, Betriebe, Städtepartnerschaften und Parks/Alleen. Die Serie „Neue Gebäude“ wurde logischerweise komplett überarbeitet. Andere Serien wurden ergänzt oder modernisiert. So z. B. die Serie über die Tonderaner Schulen.

Das Tondern-Quartett enthielt noch die Fragen „Wie begann die Staatsschule?“ und „Wann wurde die Volksschule in der Richtsenstraße gebaut?“. Diese beiden Fragen wurden durch die Fragen „Wann begann die Technische Schule in ihren jetzigen Gebäuden?“ und „Wann nahm die Tonderaner Kommunalschule ihren Betrieb auf?“ ersetzt.

Schade ist es, dass die Serie mit den alten Vereinen aus dem Spiel genommen wurde. Sie wies mit ihren Fragen nach dem Tonderaner Schützenkorps, dem Ringreiterkorps und der Freiwilligen Feuerwehr auf Besonderheiten für Tondern und ganz Nordschleswig hin. Das Schützenkorps, als einer der ältesten Vereine in Dänemark, das Ringreiten und die Freiwilligen Feuerwehren als traditionelle „Vereine“, in denen man in den heutigen Tagen gemeinsam, unabhängig von Gesinnung, aktiv ist. 
Egal ob von 1943 oder von 1993. Das Tondern Quartett war und ist eine nette Möglichkeit, einige historische Fakten in die Welt zu tragen. 2043, zum 800-jährigen Jubiläum  der Stadt Tondern wird es sicher eine Fortsetzung geben.             
 

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