100 Jahre Deutsche Minderheit

Praktische Durchführung der Volksabstimmung 1920

Praktische Durchführung der Volksabstimmung 1920

Praktische Durchführung der Volksabstimmung 1920

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Sonderburg/Sønderborg
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Die Spitzen der CIS (Commission internationale de surveillance du plebiscite au Slesvig) sitzen vor der Arbeitskarte: Paul Claudel, Oskar von Sydow, Carles Marling, John Charles Brudenell-Bruce und Thomas Heftye. Foto: Deutsches Museum

Im Deutschen Museum Nordschleswig erinnern verschiedene Exponate an die Durchführung der Volksabstimmung.

Mit der Ratifizierung des Versailler Vertrages am 10. Januar 1920 waren die Weichen für die Volksabstimmung in Nord- und Mittelschleswig gestellt. Die Internationale Kommission, also die Commission internationale de surveillance du plebiscite au Slesvig, oder kurz CIS genannt, übernahm die Hoheit über Nord- und Mittelschleswig.

Neben den Verwaltungsaufgaben war natürlich die Durchführung der Volksabstimmung die primäre Aufgabe der CIS. Um hier den Überblick zu behalten, ob nun die obersten Kommissionsmitglieder oder deren Mitarbeiterstab, bedurfte es ordentlichen Kartenmaterials. Eine dieser Arbeitskarten der CIS ist seit einigen Jahren im Bestand des Deutschen Museums Nordschleswig. Erhalten haben wir sie aus dem Nachlass eines Mitarbeiters der CIS.

Sie besteht aus insgesamt 28 Teilen, die dann zu einer Karte über Nord- und Mittelschleswig zusammengefügt werden können. Die Ausmaße der Karten, an breitester und höchster Stelle, beträgt dann ungefähr 3,80 x 3,80 Meter. In unserer Karte ist die Grenze zwischen den beiden Abstimmungszonen eingezeichnet. Es ist die rote Linie  auf dem gezeigten Kartenausschnitt, die nördlich von Sylt läuft. Für die 28 Einzelteile wurde extra eine Mappe hergestellt.  Darauf festgehalten der Maßstab 1:40.000 und das Kürzel der Kommission. In einer der Ecken ist auch die Zahl „18“ zu lesen. Wir können also davon ausgehen, dass es mindestens 18 Karten gegeben haben muss.

Neue Tondernsche Zeitung Reglement Volksabstimmung. Foto: Deutsches Museum

Fotografie

Für uns sehr erfreulich, liegt auch eine Fotografie vor, auf der auch eine der Arbeitskarten zu sehen ist. Vor der Arbeitskarte sitzen die Spitzen der CIS. Paul Claudel (Frankreich), Oskar von Sydow (Schweden), Carles Marling (Großbritannien, Vorsitzender der CIS), John Charles Brudenell-Bruce (Sekretär CIS) und Thomas Heftye (Norwegen). Auf dem Foto ist der Teilausschnitt von Sylt zu sehen, weswegen wir auch diesen Teil von der Karte für unser Foto gewählt haben.

Die Karte half der CIS bei der praktischen Vorbereitung und Durchführung der Volksabstimmung 1920. Wie aber geht die eigentliche Abstimmung vor sich?  Direkt unter der Kommission wurden sechs Kontrollkommissionen gegründet. Vorsitzende dieser Kontrollkommissionen waren typischerweise die, von der internationalen Kommission eingesetzten, Landräte oder im Fall der Stadt Flensburg, der eingesetzte Bürgermeister. Des Weiteren bestanden die Kontrollkommissionen aus vier Personen der jeweiligen Gebiete, die auch von der CIS ernannt wurden. Insgesamt gab es sechs Gebiete mit Kontrollkommissionen, die sich an den alten Kreisen orientierten, aber nicht deckungsgleich waren.

Unter den Kontrollkommissionen wurden dann, im Normalfall bezogen auf die bestehenden Gemeinden, Abstimmungsausschüsse gebildet. Der Vorsitzende der Abstimmungsausschüsse wurde von der Kontrollkommission bestimmt. Die Mitglieder der Abstimmungsausschüsse bestanden typischerweise aus gewählten Gemeindevertretern.

Deutsche und Dänen vertreten

Durch ein weiteres Verfahren wurde gesichert, dass beide Seiten, Deutsche und Dänen, in dem jeweiligen Abstimmungsausschuss vertreten waren. Die Abstimmungsausschüsse sollen Listen der Stimmberechtigten erstellen. Alteingesessen Personen mussten nur überprüfen, ob sie auf der Liste aufgeführt waren.  Nicht-Ortsansässige mussten die Aufnahme, in die Liste, beantragen. Einige Zeit lang lagen die Listen öffentlich aus. Personen, die mit den lokalen Entscheidungen der Abstimmungsausschüsse unzufrieden waren, konnten klagen. Diese wurden dann von den Kontrollkommissionen bearbeitet.

Am 10. Februar 1920 waren die Wahllokale von 9 bis 20 Uhr geöffnet. Wie heute auch üblich, wurde morgens zuerst überprüft, ob die Wahlurne leer war. Geöffnet werden dufte sie dann erst wieder nach Schließen des Wahllokals. Von einem Angehörigen des Abstimmungsausschusses bekamen die Stimmberechtigten einen Umschlag mit dem Stempel der CIS ausgehändigt. In diesen mussten sie entweder einen Stimmzettel mit dem Text „Deutschland – Tyskland“ oder „Danmark – Dänemark“ legen. Die Stimmzettel waren von der CIS vorgefertigt worden.

Nachdem ein Abgleich mit der Wählerliste gemacht wurde, legte man den geschlossenen Umschlag in die Wahlurne. Nach der Schließung des Wahllokals und der Auszählung wurden die Ergebnisse an die CIS und die Kontrollkommission übermittelt. Deswegen gab es extra die Anweisung, dass die Fernmeldebüros auch noch bis in die Nacht geöffnet haben sollten.  

In einer Bekanntmachung wurde auch auf die Strafen für vorsätzlichen Wahlbetrug hingewiesen. Das Strafmaß spielte sich im Rahmen von 5.000 bis 10.000 Mark (heutiger Wert von 18.600 bis 37.200 Kronen)  oder drei bis sechs Monate Gefängnis ab.   

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