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Katalonien bereitet sich nach Referendum auf Abspaltung

Katalonien bereitet sich nach Referendum auf Abspaltung

Katalonien bereitet sich nach Referendum auf Abspaltung

dpa
Barcelona
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Die Regionalregierung in Katalonien verbucht das Referendum über die Abspaltung der Region als klaren Erfolg. Nach eigenen Worten will sie in den nächsten Tagen die Unabhängigkeit ausrufen. Der Druck auf Ministerpräsident Rajoy wächst.

Am Tag nach dem von Polizeigewalt überschatteten Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien hat der Chef der Regionalregierung, Carles Puigdemont, mit seinen Verbündeten das weitere Vorgehen beraten.

Die Regierung kam am Vormittag in Barcelona hinter verschlossenen Türen zusammen. Am Sonntagabend hatte sie mitgeteilt, 2,26 Millionen der 5,3 Millionen Wahlberechtigten hätten an der Abstimmung teilgenommen, also rund 42 Prozent. Von diesen hätten sich 90 Prozent für eine Abspaltung der wirtschaftsstarken Region ausgesprochen. Nach den Worten von Puigdemont hat Katalonien damit «das Recht gewonnen», einen eigenen Staat zu gründen. Diesen will er bereits in den nächsten Tagen ausrufen .

Auch Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy, der eine Minderheitsregierung anführt, berief verschiedene Treffen ein, darunter vor allem mit der Opposition. Am späten Nachmittag wollte er in Madrid mit dem Generalsekretär der stärksten Oppositionskraft, der sozialistischen Partei PSOE, zusammenkommen. Pedro Sánchez hatte bereits am Sonntag vor Medienvertretern erklärt, Rajoy müsse nun unbedingt in einen Dialog mit der katalanischen Führung treten. «Er muss verhandeln, verhandeln, verhandeln und ein Abkommen erzielen, das ist seine Verantwortung.»

Puigdemont hatte das Referendum trotz der Verbote der Justiz und der Zentralregierung durchführen lassen. Aus Madrid entsandte Polizeieinheiten hatten dabei hart gegen katalanische Bürger durchgegriffen, die auf die Öffnung der Wahllokale warteten. Nach Angaben des katalanischen Gesundheitsministeriums gab es fast 900 Verletzte. Videos mit Aufnahmen von blutenden Menschen, prügelnden Sicherheitsbeamten und weinenden Kindern machten schnell auch außerhalb Spaniens die Runde.

Die katalanische Vertreterin in Deutschland, Marie Kapretz, forderte die EU am Montag auf, zwischen Madrid und Barcelona zu vermitteln. «Kann es sich die EU leisten, klare Gewalt gegen die Bevölkerung zuzulassen?», fragte Kapretz am Montag im «Deutschlandfunk». Es sei wichtig, dass die EU «einen Vermittlungsausschuss dorthin schickt, das wünschen wir uns sehr.» Man sehe in der EU den Garanten für die Einhaltung der demokratischen Spielregeln, sagte Kapretz.

Auch an den europäischen Finanzmärkten hinterließ die turbulente Abstimmung Spuren. Der Kurs des Euro geriet am Montag unter Druck. Besonders deutlich zeigte sich die Reaktion bei spanischen Staatsanleihen, deren Renditen spürbar zulegten. Auch an der spanischen Aktienbörse kam es im frühen Handel zu Einbußen.

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