Leitartikel

Formel Meins

Formel Meins

Formel Meins

Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Foto: dpa

Kopenhagen ist eine Stadt, die für grüne Mobilität steht. Für Cornelius von Tiedemann ist es deshalb unverständlich, warum sich Leute für ein Formel-1-Rennen in der grünen Fahrradmetropole einsetzen.

Kopenhagen ist eine Stadt, die für grüne Mobilität steht. Für Cornelius von Tiedemann ist es deshalb unverständlich, warum sich Leute für ein Formel-1-Rennen in der grünen Fahrradmetropole einsetzen.

Es gibt ja jede Menge Ideen, auf die man selbst nicht gekommen wäre. Viele davon sind gut. Zum Beispiel Kugelschreiber, Glühbirnen oder das Internet. Dann wiederum gibt es weniger gute Ideen. So etwa die, einen G20-Gipfel in Gehabstand zur Roten Flora in Hamburg stattfinden zu lassen. Oder auch die, sich für ein Formel-1-Rennen mitten durch Europas Fahrradmetropole Kopenhagen einzusetzen.

Selbst stolzer Besitzer eines Autos mit zwei bis drei PS mehr als zum Vorwärtskommen unbedingt nötig, habe ich vollstes Verständnis für Autonarren. Ich verstehe zwar immer noch nicht, warum ausgerechnet die Formel 1 die Massen begeistert – ein Sport, bei dem zu großohrigen Kajaks deformierte Autos, die nichts anderes können, als im Kreis zu fahren, ebendies stundenlang tun und dabei furchtbar lärmen. Aber sei es drum. Jedem das seine.
Doch warum in Ayrton Sennas Namen sollen diese Kreischbomben nun durch das schöne Kopenhagen sägen? Eine Stadt, die wie keine andere in Europa, vielleicht sogar weltweit, für grüne Mobilität steht?

Um Geld kann es nicht ernsthaft gehen. Wer sich nur oberflächlich mit der jüngeren Geschichte der Formel 1 befasst hat, der weiß, dass es Unsummen kostet, solche Rennen auszutragen – und dass es sich finanziell nicht rechnet. Es geht also um Prestige. Doch was für Prestige liegt für ein zukunftsoffenes, von Innovation und Fortschritt abhängigem Land darin, eine kreischende Protz-Show zu veranstalten, die der Technik von gestern – den Verbrennungsmotoren – huldigt?

Der Motor hinter allem ist Lars Seier Christensen, schwerreicher Gründer der Saxo Bank, der sich als Sponsor nicht nur eines Radrenn-Teams, sondern auch der libertären Denkfabrik Cepos und der Partei Liberale Allianz, die es inzwischen bis in die Regierung gebracht hat, einen Namen gemacht hat.
Immer wieder tritt Seier öffentlich als Verfechter ultra-libertärer Grundsätze auf, predigt den Eigennutz als oberstes moralisches Gut und erklärt den Rückzug des Staates zum Allheilmittel. Dieser Lars Seier also will nun, dass die Innenstadt Kopenhagens Austragungsort eines Formel 1-Rennens wird. Vielleicht meint er tatsächlich, seiner Heimat Dänemark etwas Gutes zu tun. Vielleicht macht er es aus Geltungssucht und Eigennutz.

Warum auch immer er es tut – sicher ist: Anders als die Idee, die ihn reich machte, nämlich die, eine Online-Bank zu gründen, ist Formel 1 in Kopenhagen keine visionäre, sondern eine unzeitgemäße Idee.

Mehr lesen

VOICES – MINDERHEITEN WELTWEIT

Jan Diedrichsen
Jan Diedrichsen
„Sudan am Rande einer Hungersnot“

Leitartikel

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
„Europäischer Erdrutsch“