Leitartikel

Attacke gegen Naturschutz

Attacke gegen Naturschutz

Attacke gegen Naturschutz

Apenrade/Aabenraa
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Esben Lunde Larsen (r.) Foto: Scanpix

Würden alle EU-Staaten, die fast alle deutlich mehr Natura-2000-Flächen besitzen, wie Dänemark handeln, dann droht eine schlimme Entwicklung, mahnt Volker Heesch. Einerseits prahle man in Broschüren mit der dänischen Natur – andererseits werden Naturschutzflächen gestrichen.

Bereits Anfang Oktober hatte der dänische Umwelt- und Nahrungsmittelminister Esben Lunde Larsen  (Venstre) mit anschließend harter Kritik von Seiten der Naturschutzverbände seine Pläne vorgelegt, die Flächen der in Dänemark im Rahmen der EU-weiten Naturschutzvorschriften als wertvolle Lebensräume von Pflanzen und Tieren registrierten Gebiete um 28.000 Hektar zu verkleinern.

340.000 Hektar sind als Natura-2000-Flächen gemeldet,   deren Einrichtung 1992 von den EU-Staaten einschließlich Dänemarks beschlossen worden war, um den anhaltenden Verlust der Artenvielfalt zu stoppen – und vor allem auch, um stark bedrohten Tier- und Pflanzenarten eine Chance zu geben.

In Dänemark war die Deklarierung der Natura-2000-Flächen erst mit jahrelanger Verspätung abgeschlossen worden, was dazu beigetragen hat, dass wirksame Naturschutzmaßnahmen erst mit großer Verspätung angelaufen sind. So sind einstige Hochmoore weiter ausgetrocknet, Feuchtwiesen zugewuchert oder Brutplätze an Stränden  nicht ausreichend geschützt worden.

Interessant ist am Vorhaben des Umweltministers, der  diesen Titel  vielleicht gar nicht mehr verdient, dass die drastische Verkleinerung der Natura-2000-Flächen, deren Ausweisung auf detaillierte Erhebungen dort  lebender Arten zurückgeht oder   deren Wiederansiedelung  angestrebt wird, damit begründet wird, dass der Schutzstatus nicht zum Schutz der seltenen Lebewesen beigetragen habe.

Er hätte wenigstens „anbieten“ können, die geplanten Streichungen durch andere Flächen auszugleichen. Bis zum 3. Januar läuft die Anhörung im Rahmen der Anti-Naturschutz-Attacke des Ministers, die nach Ansicht von Juristen und EU-Rechtsexperten aufgrund der von Dänemark in die eigene Gesetzgebung eingebauten EU-Bestimmungen  wohl gar nicht realisiert werden kann.

In Tondern  hat der Stadtrat auf seiner jüngsten Sitzung den Ministerplänen zugestimmt, soweit sie Natura-2000-Flächen   in dessen „Hoheitsgebiet“ berühren.   

Es ist verwunderlich, dass man  mit großer Mehrheit der Dezimierung von Natura-2000-Flächen zustimmt. U. a. im Bereich der Marschen im Hinterland des Nationalparks Wattenmeer. Und das vor dem Hintergrund, dass man in der kommunalen Werbung  mit der  vorhandenen einzigartigen Natur „prahlt“, um die es  leider nach wie vor in vielen Bereichen nicht gut steht.

Es werden auch Fördermöglichkeiten für naturfreundliche Landwirtschaft mit der Streichung des Natura-2000-Status verbaut. Gerne sollen EU-Förderkassen  angezapft werden. Aber wenn es um Einhaltung von Naturschutzverpflichtungen geht, will sich der Umweltminister drücken.

Würden alle EU-Staaten, die fast alle deutlich mehr Natura-2000-Flächen besitzen, wie Dänemark handeln, dann  droht eine schlimme Entwicklung.

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