354.000 Einwohner von Sturmfluten bedroht

Klimawandel – Schleswig-Holstein rüstet die Deiche auf

Klimawandel – Schleswig-Holstein rüstet die Deiche auf

Klimawandel – Schleswig-Holstein rüstet die Deiche auf

Frank Jung/shz.de
Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Deichbaustelle in Strucklahnungshörn im Nordwesten von Nordstrand Foto: Christian Charisius/dpa

Jährliche Millioneninvestitionen in den Küstenschutz sind nötig. Sturmfluten und Nässe erschweren die Baumaßnahmen.

Das ohnehin aufs Sommerhalbjahr begrenzte Zeitfenster für Deichverstärkungen wird zunehmend enger. Darauf hat Umweltminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag in einer Zwischenbilanz zum Küstenschutz hingewiesen. Er nannte als Ursachen frühe Sommersturmfluten und durch Nässe erschwerte Witterungsverhältnisse – beides Phänomene, die das vergangene Jahr geprägt haben. Hinzu kämen Anforderungen des Tourismus, der in der Hochsaison Einschränkungen durch Großbaustellen gering halten will.

Diese Gemengelage „erfordert bei allen Beteiligten ein besonderes Gespür für die Lage“, sagte Habeck. Die exakte Vorplanung von Bauabläufen werde künftig eine noch höhere Bedeutung erlangen. Trotz witterungsbedingter Störungen konnten laut Ministerium alle drei 2017 begonnenen Deichverstärkungen „mit mehr oder weniger geringen zeitlichen Verzögerungen zu einem wintersicheren Abschluss gebracht werden“. Es handelt sich dabei um sieben Kilometer in Dagebüll (Nordfriesland), in der Seestermüher Marsch an der Elbmündung und in Wallnau auf Fehmarn. Alle drei Abschnitte sind derzeit aber nur provisorisch dicht und sollen erst im Sommer 2018 fertig werden.

Generalplan gibt Vorgabe

Ohne konkrete Zeitschiene hat der 2012 aktualisierte Generalplan Küstenschutz zur Vorgabe gemacht, 93 Kilometer Deich zu erhöhen. Davon sind mittlerweile neun Kilometer komplett – etwa in Büsum, auf Nordstrand, in der Hattstedter Marsch nördlich von Husum oder in List auf Sylt. Sie sollen zunächst einem Anstieg des Meeresspiegels um bis zu 50 Zentimeter genügen. Alle Ausbauten wurden erstmals nach dem so genannten „Klima-Profil“ konzipiert. Das macht die Deiche derart breit, dass künftige Generationen ohne Riesen-Aufwand eine Kappe obendrauf setzen können, falls es der Klimawandel erforderlich macht. Laut Habeck würde das einen Anstieg des Meeresspiegels um einen bis anderthalb Meter abfedern. Allerdings schließt inzwischen das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie in einer Warnung an die Bundesregierung einen Anstieg von bis zu 1,70 Meter bis zur nächsten Jahrhundertwende nicht mehr aus. Das Land leitet daraus laut Auskunft von Dienstag vorerst keine Konsequenzen ab. Es beruft sich darauf, dass sich seine Strategie auf die Prognosen des Weltklimarats und damit den anerkannten Wissensstand stützte.

Das Land will künftig wie bisher 19 Millionen Euro pro Jahr in stärkere Deiche investieren. Die nächsten Baugenehmigungen erwartet es 2019 für den Hauke-Haien-Koog bei Bredstedt und den südlichen Abschnitt des Eiderdammes. Angelaufen ist die Planung für den nördlichen Eiderdamm, mehrere Abschnitte an der Nordküste Eiderstedts, für den Westen von Föhr, Pellworm, Friedrichskoog und den Husumer Dockkoog. „Küstenschutz ist eine Langfrist-Strategie, aber nur mit einer ambitionierten Klimaschutzpolitik wird letztlich ein Schuh daraus“, sagte Habeck.

 

Mehr lesen