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Durchbruch bei Sondierung für Große Koalition

Durchbruch bei Sondierung für Große Koalition

Durchbruch bei Sondierung für Große Koalition

dpa
Berlin
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Angela Merkel
Horst Seehofer, Angela Merkel und Martin Schulz in Berlin. Foto: Scanpix

Die Spitzen von CDU, CSU und SPD streben eine Neuauflage der großen Koalition an. Das steht nach einem Verhandlungsmarathon in Berlin fest.

Nach mehr als 24-stündigen Sondierungen einigten sich die drei Vorsitzenden, Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und vor allem Martin Schulz (SPD), darauf, ihren Parteien die Aufnahme von offiziellen Koalitionsverhandlungen zu empfehlen, wie am Morgen in Berlin aus Teilnehmerkreisen zu erfahren war. Allerdings muss die SPD-Sondierungsgruppe dem Ergebnis der Spitzen noch zustimmen. Tut sie das, müsste auch ein SPD-Parteitag in der kommenden Woche noch Ja sagen.

Wie aus einem vorläufigen Sondierungspapier hervorgeht, das die Unionsseite einstimmig annahm, haben sich die Spitzen der drei Parteien auf eine Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung geeinigt. Demnach sollen die Beiträge wieder zu gleichen Teilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bezahlt werden. Zur Zeit werden 14,6 Prozent je zur Hälfte gezahlt, den Rest, der im Schnitt bei einem Prozentpunkt liegt, bezahlen die Arbeitnehmer alleine.

Die von der SPD geforderten Anhebung des Spitzensteuersatzes soll nicht kommen. Nach Unions-Angaben soll es keine Steuererhöhungen geben. Das Rentenniveau soll bis 2025 bei 48 Prozent gehalten werden, das ist ein Wunsch der SPD gewesen.

Dem Vernehmen nach wurde viele Stunden um die Finanzierung verschiedener kostspieliger Projekte in der Steuer-, Sozial- und Gesundheitspolitik gerungen. Obwohl die Wünsche der drei Parteien insgesamt an die 100 Milliarden Euro teuer geworden wären, solle jetzt der finanzielle Spielraum von bis zu 45 Milliarden Euro eingehalten werden, hieß es. Die Union pochte dem Vernehmen nach angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen auf die "schwarze Null" - also den Verzicht auf neue Schulden im Bundeshaushalt.

Der Solidaritätszuschlag soll dem Vernehmen nach in dieser Legislaturperiode um 10 Milliarden Euro abgebaut werden. Das solle kleine und mittlere Einkommen betreffen. Das Kindergeld soll in zwei Schritten um 25 Euro erhöht werden. Die Zuwanderung von Flüchtlingen solle in einer Spanne von 180 000 bis 220 000 begrenzt werden.

Auch der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus soll sehr eng begrenzt werden. Er soll zunächst weiter ausgesetzt bleiben, bis eine Neuregelung gefunden ist, und dann auf 1000 Menschen pro Monat begrenzt werden, wie aus Verhandlungskreisen zu erfahren war.

Das vorläufige Sondierungspapier hat einen Umfang von 28 Seiten. In Berlin berieten am Morgen zunächst die jeweiligen Sondierungsgruppen über dessen Annahme. Anschließend sollte die große Gruppe der rund 40 Sondierer erneut zusammenkommen. Offen war zunächst, mit welcher Formulierung Schulz den Gremien seiner Partei die Aufnahme offizieller Koalitionsverhandlungen mit der Union vorschlagen wird.

Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl dürfte die Hürde für die SPD-Spitze besonders hoch sein. Sie braucht für Koalitionsverhandlungen die Zustimmung eines Parteitags am 21. Januar in Bonn. Die SPD-Spitzen, voran Schulz, wollen in den nächsten Tagen bei der Parteibasis für eine Neuauflage der ungeliebten großen Koalition werben. Die Jusos wollen dagegen Widerstand mobilisieren. Auch Juso-Chef Kevin Kühnert tourt deswegen durch mehrere SPD-Landesverbände, wie er der dpa sagte.

Bis zum Schluss rangen die Sondierer dem Vernehmen nach um die künftige Finanzpolitik sowie um den Bereich Migration und Flüchtlinge. Aber auch bei Themen wie Rente und Gesundheit hakte es lange Zeit. Ein Scheitern der Sondierungen war bis zuletzt nicht ausgeschlossen worden, ebenso eine Vertagung.

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