Europäischer Trauerakt

Merkel dankt Kohl und verneigt sich vor ihm

Merkel dankt Kohl und verneigt sich vor ihm

Merkel dankt Kohl und verneigt sich vor ihm

dpa
Straßburg
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Trauerakt für Helmut Kohl in Straßburg. Foto: Scanpix

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Helmut Kohl in einer bewegenden Trauerrede als großen Brückenbauer zwischen Ländern und Menschen gewürdigt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Helmut Kohl in einer bewegenden Trauerrede als großen Brückenbauer zwischen Ländern und Menschen gewürdigt.

„Er war ein den Menschen zugewandter Weltpolitiker“, sagte Merkel beim europäischen Trauerakt für den am 16. Juni gestorbenen Altkanzler im EU-Parlament in Straßburg. Jetzt müssten die nächsten Generationen sein Vermächtnis bewahren. Das sei der engagierte, unermüdliche Einsatz für Frieden, Freiheit und Einheit.

Merkel dankte Kohl auch ganz persönlich. „Lieber Bundeskanzler Helmut Kohl, dass ich hier stehe, daran haben Sie entscheidenden Anteil. Danke für die Chancen, die Sie mir gegeben haben. (...) Ich verneige mich vor Ihnen und Ihrem Angedenken in Dankbarkeit und Demut“, sagte Merkel, die dabei ihren Blick auf den Sarg richtete und später Tränen in den Augen hatte. Sie schilderte ihn als einen Mann der absoluten Verlässlichkeit, Vertrauenswürdigkeit und unerschütterlichen Überzeugung. Und auch als einen Politiker, an dem sich viele Menschen gerieben haben und der Gegenargumente scharf abwehren konnte.

Merkel erinnerte auch an Kohls erste Ehefrau Hannelore, die sich 2001 das Leben genommen hat. „Wir gedenken auch ihrer in Dankbarkeit.“ Über Kohls Witwe Maike Kohl-Richter sagte Merkel, sie habe den Altkanzler „voller Hingebung und Liebe begleitet bis zuletzt“. Ihr Mitgefühl gelte Maike Kohl-Richter und „allen, die in Helmut Kohls Familie um ihn trauen“. Mit seinen Söhnen Peter und Walter hatte sich Kohl nicht mehr versöhnt.

Kohl war Merkels politischer Ziehvater und holte die in der DDR aufgewachsene Pfarrerstochter nach dem Mauerfall in sein Bundeskabinett. 1999 rief Merkel als CDU-Generalsekretärin die Partei aber auf, sich von Kohl wegen der von ihm ausgelösten Spendenaffäre zu emanzipieren. Kohl gab seinen Ehrenvorsitz zurück. Zu einer richtigen Versöhnung Kohls mit seiner Nachfolgerin an der Spitze der CDU und im Bundeskanzleramt kam es nicht mehr.
Bill Clinton, Angela Merkel und Emmanuel Macron. Foto: Scanpix

Bill Clinton: „Du hast das gut gemacht in deinem Leben“

Der frühere US-Präsident Bill Clinton machte dem Altkanzler bei der Trauerfeier in Straßburg eine Liebeserklärung. Kohl habe in seiner politischen Zeit ganz große Fragen gestellt bekommen mit Verzweigungen in die Gegenwart, und wegen seiner Antworten seien die Vertreter so vieler Länder bei dem Trauerakt, sagte Clinton im Europaparlament. „Ich habe ihn geliebt. Ich habe ihn sehr gemocht“, sagte Clinton. Kohl habe eine Welt gewollt, in der Zusammenarbeit als besser gilt als der Konflikt. „Er wollte eine Welt schaffen, in der niemand niemanden dominiert.“ Zum Schluss sagte Clinton: „Du hast das gut gemacht in deinem Leben. Und wir, die wir dabei sein durften, lieben dich dafür.“

Zuvor war der Sarg des früheren Bundeskanzlers und „Vaters der Deutschen Einheit“ am Morgen zunächst in einem Protokollraum des Europaparlaments in Straßburg aufgebahrt worden. Vor dem Saal könnten sich die Trauernden in ein Kondolenzbuch eintragen, sagte eine Parlamentssprecherin. Anschließend wurde der Sarg vom Wachbataillon des Bundesverteidigungsministeriums in den Plenarsaal getragen werden - begleitet von einer Totenwache des Eurokorps.

Erstmals europäischer Trauerakt

Erstmals wird für einen Politiker ein solcher europäischer Trauerakt ausgerichtet. Einen deutschen Staatsakt für Kohl wird es dagegen nicht geben. Zahlreiche Fernsehsender werden das Ereignis live übertragen.

Der mit einer Europaflagge bedeckte Sarg des früheren Bundeskanzlers war am Morgen aus Kohls Haus in Ludwigshafen-Oggersheim getragen und zu einem schwarzen Leichenwagen gebracht worden. Anschließend machte sich ein Fahrzeugkonvoi auf den Weg nach Straßburg.

Zahlreiche Staats- und Regierungschefs wollen Abschied von Kohl nehmen und seine Verdienste für Europa würdigen. Am Abend wird der frühere Bundeskanzler nach einem Requiem im Speyerer Dom beerdigt. Kohl war 16 Jahre lang Bundeskanzler und 25 Jahre lang CDU-Vorsitzender . Der „Ehrenbürger Europas“ starb am 16. Juni im Alter von 87 Jahren.

Am Nachmittag soll ein Hubschrauber den Sarg zurück nach Ludwigshafen bringen. Nach der Landung wird dieser durch die Innenstadt gefahren. Die letzten Kilometer bis ins nahe Speyer bringt ein Schiff den Leichnam Kohls. Im Dom zu Speyer wird der katholische Bischof Karl-Heinz Wiesemann dann die Totenmesse halten. Rund 1500 geladene Gäste werden dazu erwartet. Zu Speyer und seinem Dom hatte Kohl seit seiner Kindheit eine besondere Beziehung.

Nach einem militärischen Ehrenzeremoniell der Bundeswehr soll er dann auf einem nahen Friedhof in Speyer im Freundes- und Familienkreis beigesetzt werden. Kohl wird damit nicht im Familiengrab in Ludwigshafen bestattet.

Ein Großaufgebot der Polizei mit mehr als 1000 Beamten sichert die Trauerfeierlichkeiten. Die Beisetzung dürfte zu den größten Beerdigungen in der deutschen Nachkriegsgeschichte zählen, Tausende Menschen werden dazu alleine in Speyer erwartet.

Macron: „Frankreich trauert um Helmut Kohl“

Der französische Präsident Emmanuel Macron erinnerte mit einem Facebook-Eintrag an Kohl. „Frankreich trauert um Helmut Kohl“, heißt es in dem deutschsprachigen Eintrag, der am Samstagmorgen auf seine Seite in dem sozialen Netzwerk gestellt wurde. Kohl sei „für alle Franzosen der Repräsentant eines Deutschlands, das versucht, aus Ruinen ein Ideal zu schaffen“, schrieb Macron. „Das versucht, der Welt ein Projekt vorzuschlagen und damit die Verletzungen und Gräuel wiedergutzumachen. Auf dass sie weder verschwiegen noch vergessen werden.“ „In einer Welt, in der das Tragische auf einmal wieder zurückkehrt, soll, muss Europa eine Hoffnung sein“, schloss Macron.

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