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Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
Apenrade/Aabenraa
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Lars Harms in Husum. Foto: Dewanger, SHZ

Wird es dem SSW erneut gelingen, gemeinsam mit der SPD und den Grünen die Regierung in Kiel zu stellen? Siegfried Matlok analysiert die politische Lage vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein.

Wird es dem SSW erneut gelingen, gemeinsam mit der SPD und den Grünen die Regierung in Kiel zu stellen? Siegfried Matlok analysiert die politische Lage vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein.

Nach der jüngsten Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des wird es spannend bei der kommenden Landtagswahl am 7. Mai in Schleswig-Holstein. Obwohl es laut Umfrage keine Wechselstimmung im Lande gibt und SPD-Ministerpräsident Torsten Albig seinem CDU-Herausforderer Daniel Günther im direkten Vergleich haushoch überlegen ist, scheint die sogenannte Küstenkoalition aus SPD, Grünen und SSW 14 Tage vorher nur knapp in Führung zu liegen.

Vieles hängt  davon ab, ob im einst „braunen“ Land zwischen den Meeren die „Alternative für Deutschland“  Sitze im Landeshaus an der Förde erobern kann. Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Herausforderer Martin Schulz greifen in den nächsten Wochen in den Wahlkampf ein, bisher scheint die bundespolitische Komponente jedoch nicht maßgeblich ins Gewicht zu fallen. Nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern auch nördlich der Grenze wird mit besonderer Spannung das Wahlergebnis des SSW beobachtet. Aus einem Grund: Der SSW war nach der jüngsten Wahl, nachdem das dänisch-nordische Modell  einer Minderheiten-Regierung  unter Heide Simonis bös gescheitert war, erstmalig in die Regierung eingetreten.

Mit Anke Spoorendonk saß der SSW seit 2012 am Kabinettstisch – sie in dreifacher Funktion: als Kultur-, Justiz und Europaministerin. Eine Aufgabe, die sie mit hoher Anerkennung gelöst hat, während Fraktionschef Lars Harms die Scharnierfunktionen zwischen den drei Koalitionären bewältigte. Das Experiment ist zweifelsohne geglückt, aber das Urteil darüber fällen  die Wähler. Spoorendonk hat freiwillig auf eine Wiederwahl verzichtet, nun soll Harms ihr Erbe antreten. Gar nicht so einfach, denn während die gute Anke in ganz Schleswig-Holstein zu den beliebtesten, bekanntesten Politikern gehörte, ist der 52-jährige Harms aus der grauen Stadt am Meer zwar keine graue Maus, aber hat er auch die Durchschlagskraft in jenen Kreisen außerhalb der eigenen Reihen in der dänisch-friesischen Minderheit?

Dazu einige Zahlen: Bei der jüngsten Landtagswahl verbesserte sich der sperrklauselfreie SSW zwar von 4,3 auf 4,6, aber die Stimmenzahl ging deutlich zurück – von 69.701 auf 61.025, obwohl der SSW nach den angedrohten Schulkürzungen durch die damalige CDU-geführte Landesregierung mit einem Anti-Carstensen-Wahlkampf im eigenen Minderheiten-Lager zu mobilisieren versuchte.

Der SSW tickt anders, sagt Lars Harms, dessen Partei bei den NDR-Umfragen bisher stabil bei drei Prozent liegt.  „Wir wollen mehr. Das ist klar, und dafür müssen wir noch hart arbeiten und hart kämpfen. Rein rechnerisch könnte die bestehende Regierung aus SPD, Grünen und SSW weiterregieren“, so Harms, der sein Wahlkampf-Programm in dänischer, friesischer und deutscher Sprache präsentiert. Da SPD und Grüne laut Umfrage nicht ohne SSW regieren können, besteht keine Gefahr dafür, dass der SSW nicht auch einer kommenden Regierung angehören wird. Ministerpräsident Albig hat sogar erklärt, selbst im Falle einer absoluten Mehrheit von SPD und Grünen werde man dem SSW wieder einen Regierungssitz anbieten! Fast paradiesische Verhältnisse, wenn man an frühere harte Zeiten denkt, in denen der SSW als reine Minderheitenpartei in Schleswig-Holstein „weder stützen noch stürzen wollte“.

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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