Leitartikel

Elektronisch nach links geschielt

Elektronisch nach links geschielt

Elektronisch nach links geschielt

Apenrade/Aabenraa
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Foto: Scanpix

Was ist besser als Vertrauen? Genau, Kontrolle. Das gilt leider heute in den Schulen ganz besonders, weil mit neuen technischen Entwicklungen auch neue Möglichkeiten entstehen, zu schummeln. Universitäten und zukünftige Arbeitgeber müssen sich auf die vorgelegten Zeugnisse und damit die Fähigkeiten der Studierenden verlassen können, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Was ist besser als Vertrauen? Genau, Kontrolle. Das gilt leider heute in den Schulen ganz besonders, weil mit neuen technischen Entwicklungen auch neue Möglichkeiten entstehen, zu schummeln. Universitäten und zukünftige Arbeitgeber müssen sich auf die vorgelegten Zeugnisse und damit die Fähigkeiten der Studierenden verlassen können, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Vielleicht können sich einige noch daran erinnern, bei Prüfungen – damals vor vielen Jahren – ein wenig nach links oder nach rechts geschielt zu haben. Meist waren die Tische aber zu weit auseinander. Dafür haben sich andere Spickzettel gemacht oder Formeln in die Hand geschrieben. Bei Examen wurde schon immer  geschummelt – mal mehr, mal weniger. Die allermeisten haben aber ehrliche Arbeit geleistet und dafür je nach Leistungsstand die verdiente Zensur bekommen.

So ist das heute noch. Nur, dass das Schwindeln ganz neue Dimensionen erreicht hat. In einer Meinungsumfrage haben 6,5 Prozent der Schüler in Dänemark angegeben, während der schriftlichen Prüfung „unerlaubte Mittel“ genutzt zu haben.   Das ist jeder 15. Schüler. Haben früher zwei Schüler in einer 30er Klasse geschummelt? Sicherlich – aber dennoch ist nicht alles beim Alten.

Denn das Ausmaß der Mogeleien hat zugenommen. Möglich gemacht hat es das elektronische Zeitalter. Die Schülerarbeiten werden heute am Computer gemacht – oft mit Internetzugang, weil  die Aufgaben es erfordern. Es wird nämlich nicht nur nach Wissen  gefragt, sondern vor allem geht es darum, das angeeignete Wissen anzuwenden. Da ergibt die Arbeit mit dem Internet natürlich Sinn.

Gleichzeitig wird damit aber auch eine Tür ins World Wide Web aufgestoßen und die Versuchung, andere Möglichkeiten aufzusuchen als die legalen, ist groß: Über soziale Netzwerke nehmen einige Schüler Kontakt zu Mitschülern auf und erhalten unerlaubte Hilfe. Ja, es gibt sogar Angebote und Foren, die ganze Aufgaben für die Schüler erledigen – „live“ während der Prüfung und manchmal für Geld.

Das geht entschieden zu weit, denn Universitäten und zukünftige Arbeitgeber müssen sich natürlich auf die vorgelegten Zeugnisse und damit die Fähigkeiten der Studierenden verlassen können. Härtere Strafen  einzuführen ist eine Überlegung, aber wirklich  abschreckend ist eher die Gefahr, entdeckt zu werden und ohne Abschluss die Schule verlassen oder ein Jahr dranhängen zu müssen. Die Schulen müssen daher mit Anti-Mogel-Software oder Stichprobenkontrollen einsetzen. Vertrauen ist gut, Kontrolle in diesem Fall besser. 

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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