Literatur

Eisenhandschuhs letzte Reise

Eisenhandschuhs letzte Reise

Eisenhandschuhs letzte Reise

Apenrade/Aabenraa
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Andreas von Klewitz: Eisenhandschuhs letzte Reise. Foto: cvt

In seinem neuen Roman begibt sich Andreas von Klewitz auf die Fährte von Jørgen Iversen Dyppel, der Dänemark einen Platz in der „neuen Welt“ sichern sollte. Kein vergnügliches Buch – und dennoch ein Vergnügen für Geschichtsinteressierte, meint Cornelius von Tiedemann.

Eisenhandschuhs letzte Reise

Autor: Andreas von Klewitz
Verlag: Edition diá, Berlin
Taschenbuch, 144 Seiten
Preis: 18 Euro
ISBN 3860344153

„Ein Schuft, wie er im Buche steht, ein brutaler und dummer Däne“, lässt Andreas von Klewitz einen niederländischen Siedler den Helden seines jüngsten Werkes schimpfen. „Ich kann gegen meinen Herrn nichts Schlechtes vorbringen“, berichtet hingegen ein Sklave des Gouverneurs Jørgen Iversen Dyppel im Roman „Eisenhandschuhs letzte Reise“, der kürzlich in der Berliner Edition diá erschienen ist.
 
Wer war dieser Dyppel, dessen Name uns in Nordschleswig geradewegs ins Auge springt? Ein Abenteurer, ein Bäckersohn auf Abwegen, ein Hasardeur, ein großer Däne oder kleiner Mann in zu großen Schuhen? Auf knapp 140 Seiten nimmt uns von Klewitz mit auf Entdeckungsreise in die dänische Kolonialgeschichte, um Hinweise auf Antworten auf diese Fragen zu finden.
 
Der Autor, Jahrgang 1960, lebt in Berlin, ist in Jugoslawien und Kopenhagen aufgewachsen und recherchierte für den „Eisenhandschuh“ in dänischen Quellen. Herausgekommen ist keine historische Abhandlung, sondern eine literarische Annäherung an die Lebensgeschichte Jørgen Iversen Dyppels, der  nicht aus Nordschleswig, sondern aus Helsingør stammte und den Auftrag hatte, die Karibikinsel St. Thomas zu kolonisieren und Dänemark seinen Platz in der „neuen Welt“ zu sichern.

„Vielleicht wäre es besser, wenn der Kahn unterginge und der Albtraum endlich aufhörte“

Klewitz kommt schnell zur Sache, lässt den Ich-Erzähler des ersten Teils des Buches, Jørgen Iversen Dyppel selbst, in groben Zügen erzählen, wie dazu kam, Gouverneur einer Karibikinsel zu werden und welche Ziele die Dänische Westindien-Kompanie dort verfolgte. „Vielleicht wäre es besser, wenn der Kahn unterginge und der Albtraum endlich aufhörte“, lässt er ihn schon auf der als quälend und todbringend beschriebenen, aber schnell abgehandelten Reise in die Karibik sagen – und reißt die Grundstimmung des Buches an.

Das Scheitern, die Einsamkeit, der Tod und der ständige Kampf gegen dieses Triumvirat ziehen sich durch die Augenzeugenberichte auch eines adligen Verbannten, eines Pfarrers, eines Sklaven, eines Neusiedlers, des Nachfolgers als Gouverneur, des Direktors der Westindien-Kompanie und der Frau des Protagonisten.

Ein rascher und fortwährender Wechsel des Blickwinkels also, durch den die Geschichte allerdings nicht zerfällt – sondern der dem Leser immer neue Puzzleteile für das Porträt Jørgen Iversen Dyppels liefert. Die Erzählform ist ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig, weil die innere Erzählstimme sich ständig neu justieren muss.

Alles fügt sich. Wenngleich nicht unbedingt zum Guten.

„Eisenhandschuhs letzte Reise“ ist deshalb kein Leseschmaus aus einem Guss. Vielmehr liegt der Reiz der Erzählung in jener dem Puzzlespiel eigenen Befriedigung, die sich einstellt, wenn zwei völlig unterschiedliche Teile sich ineinanderfügen. Wenn gegen Ende ein allwissender Erzähler wenigstens vorübergehend übernimmt, hat das Werk deshalb auch seine stärksten Momente. Alles fügt sich. Wenngleich nicht unbedingt zum Guten.

Ein Buch für Freunde des Happy Ending ist das nicht unbedingt, so viel ist nun verraten. Doch wer sich für Geschichte im Allgemeinen und dänische Geschichte im Besonderen interessiert, wird diesen Roman als unverblümte Zeitreise schnell schätzen lernen.

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